Jugend startet Transfilm-Projekt

Erstes Treffen am Freitag, 03.02.2023 im JUZ in Burghausen – Jeder ist willkommen

Burghausen. Laurin ist 18 Jahre alt. Er hatte schon immer das Gefühl, dass bei ihm eine große Kleinigkeit bei der Geschlechterzuordnung nicht geklappt hat: Laurin ist als Mädchen zur Welt gekommen, fühlte sich aber seit er „denken kann“ als Junge. Was man früher als transsexuell beschrieben hat, nennt man heute „Transidentität“. Immer noch ein Tabu, wie Hannes Schwankner, Leiter der Burghauser Jugendarbeit nach 25 Jahren Erfahrung weiß: „Wir haben immer wieder das Problem in unserer Arbeit, dass zu wenig über Transidentität bekannt ist, zu viele Vorurteile kursieren und der Leidensdruck für die Betroffenen meist sehr hoch ist. In einer Fortbildung zum Jugendleiter, die ich jedes Jahr im JUZ organisiere, ist das Thema dank Laurin aufgepoppt und siehe da, auch die Jugendlichen und jungen Erwachsenen kramten viel Halbwissen und Vorurteile heraus.“

Ein Zustand, dem Hannes Schwankner und Laurin Karsten, der in seinem Pass immer noch einen Mädchennamen stehen hat, versuchen, etwas zu entgegnen. Die Idee eines Transfilm-Projekts war geboren. Das erste Treffen findet am Freitag, 03.02.2023 um 16 Uhr im JUZ 2.0 in der Unghauser Straße 20 in Burghausen statt. Kommen soll und darf jeder. „Jeder, der interessiert ist, jeder, der einen Beitrag leisten kann und mag und sei es, dass er oder sie uns seine Geschichte erzählt. Das wird natürlich zunächst auch nicht vor der Kamera passieren. Wir werden mit dem Film-Projekt so viel Arbeit haben, dass auch anonym bzw. hinter den Kulissen genug Hilfe z.B. bei der Technik gebraucht wird“, sagt Hannes Schwankner.

Es soll, so der Anspruch, ein ganzheitliches Projekt werden. „Wir möchten auch Ärzte, Beratungsstellen, Pädagogen und Therapeuten zu Wort kommen lassen, die uns ihr Wissen vor der Kamera zur Verfügung stellen. Ziel ist es, einen Film zu drehen, der auch in Schulen gezeigt werden kann“, erklärt Laurin. Laurin hat „Glück gehabt“, denn seine ganze Familie akzeptiert ihn wie er ist. „Meine Mama sagt immer, der liebe Gott hat bei einer Kleinigkeit nicht richtig aufgepasst bei mir und sie macht mir Mut, dass wir das zusammen schon schaffen“, erzählt der 18-Jährige. Und dennoch ist Laurin auf therapeutische Hilfe angewiesen. „Es macht was mit einem, wenn man ständig im Alltag erklären muss, wer man ist und sich für seine Identität rechtfertigen muss.“

Dass nicht alle mit Transidentität mit so einer verständnisvollen Familie gesegnet sind, weiß Laurin auch: „Deswegen möchten wir in der Dokumentation alle Facetten zeigen. Der Film soll aufklären, Schicksale beleuchten, die aktuelle Forschung und Medizin zum Thema haben.“

Am Freitag – beim ersten Treffen – ist erstmal ein „beschnuppern“, ein sich Kennenlernen, sich Vernetzen angesagt. „Ich würde gerne eine Mind Map erstellen mit allen Anwesenden, damit wir uns erstmal sortieren, um dann auch gemeinsam ein Drehbuch zu erarbeiten“, erklärt Laurin das ambitionierte Transfilm-Doku Vorhaben.

Dass die Burghauser Jugendarbeit komplexe Sachverhalte filmisch gut erarbeiten kann, hat sie unter Leitung von Hannes Schwankner bereits bewiesen. Nicht zuletzt die Doku vom Mühldorfer Hart hat mehrere Preise erhalten. Aber damit will man sich nicht brüsten, sondern eher betonen: „Wir wissen wie viel Arbeit das ist, aber auch, dass es sich lohnt – mit oder ohne Preis“, sagt Hannes Schwankner verschmitzt und jeder, der ihn kennt, weiß wie groß sein Ehrgeiz ist, auch nach 25 Jahren unermüdlicher Jugendarbeit.

 

Fotos: Laurin

Fotocredit: privat