Absolut schützenswerte Räume – die Ozeane: Wissenschaftlerin Verónica Relaño Écija während ihrer Rede bei der Preisverleihung in Aachen im November 2023 © Leonhard Simon

Absolut schützenswerte Räume – die Ozeane: Wissenschaftlerin Verónica Relaño Écija während ihrer Rede bei der Preisverleihung in Aachen im November 2023 © Leonhard Simon


Verónica Relaño Écija erhält von der Karlspreis Akademie ein einjähriges Stipendium für ihr Projekt „SOS Somos OceanoS” („Wir sind Ozeane“)

Verónica Relaño Écija atmet tief durch, dann legt die Spanierin los: „Viele Regierungen haben nicht das Budget, um in Zukunftsprojekte zu investieren: Dann gibt es keine Mitarbeiter, kein Monitoring, keine Boote, kein Geld“. Die 34-jährige Wissenschaftlerin spricht über ihr Projekt „SOS – Somos OceanoS” – zu Deutsch „Wir sind Ozeane“.

Verónica Relaño Écija hat „SOS – Somos OceanoS” im Jahr 2023 während ihrer Promotion im Fachgebiet Ozeane und Fischerei an der University of British Columbia in Vancouver gegründet und damit ein Projekt initiiert, das auch Teil der Ozeandekade der Vereinten Nationen ist. Im Rahmen von „SOS – Somos OceanoS“ befasst sich Verónica Relaño Écija mit den Bedürfnissen von Küstengemeinden, die in und um Meeresschutzgebiete liegen, und die nicht gut verwaltet werden.

Für dieses Projekt kam der Wissenschaftlerin, die seit März 2023 in Burghausen lebt, im vergangenen November eine besondere Ehre zuteil: Sie ist eine der vier Preisträgerinnen, die von der Karlspreis-Akademie zu Aachen für die Einheit Europas mit einem einjährigen Stipendium geehrt wurden. Die Karlspreis-Akademie fördert Forschungsideen, die sich innovativ und kritisch mit den europäischen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte auseinandersetzen.

Suche nach Antworten auf schwierige Fragen

„Viele Schutzgebiete funktionieren nicht wirklich“, erklärt Verónica Relaño Écija. Das zeigten ihre Forschungsarbeiten an der University of British Columbia. So sieht die EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030 den Schutz von 30 Prozent der EU-Meeresfläche und den strengen Schutz von mindestens zehn Prozent der EU-Meeresfläche vor. Außerdem zielt die Strategie darauf ab, die EU als weltweit führend im Bereich der Nachhaltigkeit der Meere und Gewässer zu etablieren. „Das heißt aber nichts, denn selbst wenn Schutzgebiete offiziell ausgewiesen sind, existiert jedes vierte nur auf dem Papier“, betont Verónica Relaño Écija.

In den kommenden Monaten bewertet die Wissenschaftlerin die EU-Biodiversitätsstrategie und angrenzende EU-Leitlinien kritisch und arbeitet Empfehlungen aus, wie sich Meeresschutzgebiete zielgerichtet verwalten lassen. „Ich versuche Antworten auf Fragen zu finden: Was bedeutet Schutzgebiet? Wie groß ist die Lücke zwischen Ambitionen und tatsächlichem Schutz? Warum funktioniert Naturschutz an einem Ort, an einem anderen aber nicht? Warum in einem Land besser als in anderen?“, erläutert sie ihre Herangehensweise. „Und ganz wichtig: Welche nationalen und europäischen Institutionen sind die Stellschrauben für effektiveren und nachhaltigen Naturschutz?“.

Einige Faktoren, warum der Schutz von marinen Schutzgebieten Schwierigkeiten bereitet, kann Verónica Relaño Écija schon jetzt nennen: Oft binden die Verantwortlichen die Menschen, wie die Fischer vor Ort, nicht in ihre Vorgehensweisen mit ein. „Auch die Regularien für Schutzgebiete, die ohne Erklärungen und oft ohne lokale Kenntnisse von oben kommen, bereiten den Menschen Schwierigkeiten“.  Industrielle Fischerei aus aller Herren Länder sei fast überall erlaubt, auch in Schutzgebieten. „Das erschwert den regionalen Fischern ihre Arbeit“. Viele Institutionen und Behörden kreieren eine Menge Probleme für die Menschen, deren Lebensgrundlage ebenfalls in den Marineschutzgebieten sei.

Im Rahmen des Stipendiums plant Verónica Relaño Écija eine Empfehlungsliste zu erstellen, wie der Schutz von Meeresgebieten in allen EU-Ländern besser funktionieren könnte beziehungsweise, warum es in manchen Ländern funktioniert und in anderen nicht. „Viele Länder geben keine Informationen darüber, wie sie ausgewiesene Schutzgebiete verwalten. Sie wollen sich nicht verpflichten“. In den kommenden Monaten wird sie Seminaren beiwohnen, die die EU-Kommission zu diesem Thema mit Vertretern der Mitgliedsstaaten organisiert. „Ich möchte daran teilnehmen und die Probleme der teilnehmenden Staaten herausarbeiten, warum sie Schutzgebiete nicht ausreichend verwalten können“.

Privates und berufliches Engagement für die Ozeane weltweit

Für das „SOS – Somos OceanoS“-Projekt steht die Meereswissenschaftlerin im Austausch mit europäischen Organisationen. Ein wissenschaftlicher Mentor der EU-Kommission begleitet zudem die individuellen Fortschritte und Ergebnisse während des Stipendiums. Zum Abschluss des Forschungsjahres findet ein Gipfel der Karlspreis Akademie statt, der einen Austausch zu den entscheidenden Entwicklungen in Europa, innovative Ansätze und kreative Ideen fördert. „Eventuell machen wir auch einen Dokumentarfilm aus den Ergebnissen meiner Forschungsarbeit“, ergänzt Verónica Relaño Écija. Aber das sei noch offen.

Neben ihrem Stipendium ist die Spanierin als Oceans Program Manager bei der gemeinnützigen Unternehmergesellschaft Onewater (www.onewater.blue) aktiv. Die Organisation hat ihren Sitz im Landkreis Altötting. Onewater widmet sich der mehrsprachigen Wissenschaftskommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Beratung rund um Wasserversorgung, Wasserwirtschaft, Abwasser und Ozeane, um die globale Zusammenarbeit in Wasserfragen zu fördern. Bei Onewater arbeiten circa 200 Ehrenamtliche aus mehr als 30 Ländern mit.

Verónica Relaño Écija freut sich, dass die Stadt Burghausen an der Seite der UNESCO und Onewater ein Preisgeld für den internationalen Fotowettbewerb „Wasser für Frieden und Wohlstand nutzen“, ausgelobt hat. Ihr Ehemann Christian Fischer, mit dem sie gemeinsam in Burghausen lebt, ist Mitbegründer von Onewater. Der Fotowettbewerb findet bereits zum dritten Mal statt.

Die Stadt Burghausen engagiert sich für den Wettbewerb, „weil der Wohlstand der Stadt genau genommen auf Wasser gründet“, erklärt Erster Bürgermeister Florian Schneider. Das Unternehmen Wacker habe sich vornehmlich wegen der Gewässer in Burghausen niedergelassen. Das Chemiewerk brauche sie zum Kühlen. „Und ohne Wasser gibt es kein Leben“, so der Erste Bürgermeister weiter. Aus all diesen Gründen ruft die Stadt hiesige Fotografen aus, sich an dem internationalen Wettbewerb zu beteiligen.

Interessierte, die bei Onewater ehrenamtlich mitwirken oder die Organisation mit einer Spende unterstützen möchten, können sich via contact@onewater.blue über die Details erkundigen.